Mittwoch, 28. Dezember 2016

Fünf Tipps für eine gelungene Reitstunde

Auch wenn es glatt läuft, ist es schwierig

Die Karte ist von Monika - einer meiner Lieblingskundinnen und es gibt eine Vorgeschichte, aber erstmal erzähl ich von mir:
Das ist Moni, von der ich
im zweiten Absatz erzähle
Sollte man ja nicht meinen, aber Schüler zu sein, ist gar nicht so einfach. Kenne ich gut aus eigener Erfahrung - wenn ich bei unserem Trainer bin, komme ich mir manchmal vor wie der letzte Depp. Irgendetwas ist immer falsch, z.B. bei den Seitengängen. Entweder klemmt das Pferd oder der Reiter: Und wenn das Pferd schön seitwärts läuft, dann habe ich mit Sicherheit vergessen, es vorne gerade zu halten. Das ist aber wichtig, wenn der Seitengang einen guten fliegenden Wechsel vorbereiten soll. Es ist wirklich nicht ganz leicht, Kritik zu ertragen und wenn man reiten lernt, dann hört es sowieso nie auf mit der niemals endenden Selbstverbesserung. Wäre ja auch irgendwie ganz schön schwachsinnig, wenn man zum Trainer fährt und der sagt immer nur: "Sehr schön, weitermachen." Ich bezahle ihn ja dafür, damit er mir sagt, was ich besser machen kann und nicht dafür, dass er mir Honig ums Maul schmiert, aber in der Tiefe des eigenen Herzens hegt man ja dennoch den Wunsch, dass es einem selbst so wie Larissa geht, die zum Trainer sagt, sie sei mit dem Spin nicht zufrieden, soll ihn vorführen und der Trainer sagt: "Und wo ist jetzt Dein Problem?" Bei mir hat es recht lange gedauert, bis der Spruch mal vom Trainer kam. Und bei Larissa wird natürlich auch stets und ständig gesagt: "Dieses anders, jenes besser."


Jetzt bin ich ja nicht nur Schülerin, sondern auch Lehrerin und möchte natürlich auch, dass die Leute sich einerseits wohlfühlen, aber andererseits auch etwas lernen - also was kriegen für ihr Geld. Ihr seht ja oben die Postkarte, die mir Monika geschrieben hat und Moni gehört zu meinen Lieblingsschülerinnen - ursprünglich gehörte sie sogar auch zu Queenies Lieblingsschülerinnen. In den ersten Stunden haben sich die beiden so gut verstanden, dass ich jedes Mal eine ganz begeisterte eMail von Moni erhielt. Queenie hatte sich größte Mühe gegeben. Bei der Stunde vor Weihnachten ist Queenie aber regelrecht ausgerastet, hat erst kleineren Quatsch gemacht und sich losgerissen, um buckelnd davonzulaufen. Was war passiert, dass Queenie auf einmal wie ausgewechselt war? Weil Pferde ja nicht reden können, beginnt bei diesen Gelegenheiten immer das muntere Rätselraten. Okay, das Wasser war leer, aber erst seit zwei Stunden - unwahrscheinlich. Das Wetter ist schlecht: Hummeln im Hintern? Aber bei Larissa und mir war sie brav - liegt es nur daran, dass wir vom Timing besser sind, aber die ersten beiden Stunden hatte sich Queenie doch so viel Mühe für Moni gegeben, obwohl diese Anfängerin ist. Larissa sagte, dass Queenie zeitgleich so richtig aufgeregt und beunruhigt wirkte und die Theorie, die Larissa dann aus dem Hut zauberte, passt zu Queenie wie sie leibt und lebt: Sie spiegelt immer und immer wieder meine Gefühle und ich kann nichts vor ihr verbergen.
Nachdem Moni so erfolgreich ins Horsemanship gestartet war, war der Wurm nämlich in dem Moment drin, als wir mit dem Reiten begonnen hatten. Dieses Mal war Lucky ihr vierbeiniger Lehrer und obwohl er im Großen und Ganzen brav war: Es  wollte einfach nicht mit diesem direkten Zügel klappen. Statt die Vorhand zur Seite zu nehmen, drehte er immer den Hintern weg und er wollte Moni bestimmt nicht ärgern. Da braucht man als Reiter schon Fingerspitzengefühl und das hat man am Anfang noch nicht - woher auch? Als Lehrerin ist es sooo schwer zu erklären, dass man nicht ziehen, sondern den Druck einfach halten soll, um ihn in dem Moment ein bißchen wegzunehmen, wenn das Pferd richtig reagiert, aber zeitgleich so viel aufrechtzuerhalten, dass das Pferd weiß, dass es weiterdrehen soll - und zwar auf der Hinterhand. Gutes Reiten ist schon so etwas wie Präzisionsarbeit und die lernt man am Besten am Boden, indem man am Seil gegen hält statt zu ziehen beispielsweise.
Monika wollte es so gerne richtig machen und hat beim Reiten ein wenig von ihrer Unbefangenheit verloren, vielleicht sogar ein kleines bisschen Selbstbewußtsein Deswegen war von dem Moment an ein wenig der Wurm drin. Sie kam zur nächsten Reitstunde und sagte, dass sie beim letzten Mal ein wenig frustriert war und das hat dann wiederum mich frustriert: Ich will doch, dass die Leute Spaß bei meinem Unterricht haben. Zwar habe ich dann folgerichtig gesagt, dass man - wenn es beim Reiten hakt - zurück zum Bodenarbeitsunterricht geht, aber jetzt hatten wir hier aus heiterem Himmel dasselbe Problem: Monika wollte nichts falsch machen und ich wollte, dass sie gleichzeitig Spaß hat und etwas lernt. Klingt verkrampft und das war es natürlich auch. Kein Wunder, dass ein wenig Spannung in der Luft lag, wovor Queenie geflüchtet ist.
Da es mit Queenie jetzt gar nicht mehr funktionieren wollte, habe ich das Pferd getauscht und den Unterricht um eine halbe Stunde verlängert, bis es einen guten Abschluß gab. Beim nächsten Mal habe ich mir überlegt, ich mache mit Moni und Cisco eine Art Level-1-Audition. Aber erst habe ich ihr meine Theorie erzählt, dass Queenie mich spiegelt, damit die unterschwellige Spannung aus der Situation raus ist. Und wie so oft wird aus der Not eine Tugend und in diesem Fall ein paar pfiffige Ideen, wie Lernen zum Spaß wird, die ihr unterhalb des Videos lest.


Unsere Tipps, dazu wie der Schüler einen Beitrag für seinen gelungenen Unterricht leisten kann:

1. Macht ein Spiel daraus, denn so könnt ihr über Eure eigenen Fehler lachen.
2. Stellt Euch die Reitlehrerin als Souffleuse vor, die ihr weder anschauen müsst noch ihr antworten - so wie im Video oben. Denn das Gespräch führt ihr ausschließlich mit dem Pferd.
3. Überlegt gut, ob ihr all die Fragen stellt, die Euch im Kopf herumschwirren, denn je mehr Fragen ihr stellt, desto mehr übernehmt ihr die Struktur für den Unterricht und durchbrecht damit die Struktur des Lehrsystems und bremst Euch eher aus, als dass ihr vorwärts kommt. Viele Fragen beantworten sich recht bald von selbst und gute Lehrer geben Bescheid, wann eine gute Stelle für Fragen ist (ich erzähle Euch dazu unten eine Anekdote von Janiks & Larissas Fahrschule).
4. Habt Mut zur Lücke und vergewissert Euch nicht immer wieder beim Reitlehrer, was ihr machen könnt oder sollt, denn der kann ja nicht hellsehen und weiß nicht, wie das Pferd reagieren wird. Das Pferd ist ja auch kein Auto und registriert jeden Eurer Fehler. Der größte Fehler ist, wenn ihr zu spät reagiert. Also reagiert besser auf die falsche Art, als gar nicht zu reagieren, aus Angst etwas falsch zu machen. Der Trainer kann euch dann nur sagen, wie die Reaktion noch besser gewesen wäre: Fürs nächste Mal. Rechtfertigt Euch nicht, wenn ihr Fehler macht, sondern heißt den Fehler willkommen, weil er Euch etwas lehrt und Euch so vorwärts bringt.
5. Wiederholt das Gelernte zuhause: Entweder indem ihr etwas zum Thema lest oder Euch Videos anschaut oder indem ihr Euch im Baumarkt ein Seil kauft, mit dem ihr z.B. die Zügelhilfen simulieren könnt oder stellt Euch abends vor dem Schlafen gehen vor, wie ihr das, was schwierig ist auf perfekte Art und Weise macht. Man nennt das Mentaltraining und Euer Hirn kann das nicht unterscheiden, ob ihr das wirklich macht oder es Euch nur vorstellt (HIER ein Buchtipp zum Thema Mentaltraining). Ich als Trainerin möchte Euch natürlich gerne loben, aber ich halte es da wie mein eigener Trainer: Lob muss ehrlich sein und sollte nicht als leere Worthülse jeden Wert verlieren.

Klingt das alles anstrengend für Euch? Ich muss gestehen, dass es auch einen ganzen einfachen Weg gibt, sein Pferd zu kontrollieren und der lautet: Steig einfach auf und reite Dein Pferd, trete es, damit es vorwärts geht, zieh an den Zügel, damit Du es lenken kannst - so formuliert Horsemanship-Legende Pat Parelli die drei Lügen übers Reiten. Es mag zwar sein, dass es Pferde gibt, die sich das gefallen lassen, aber viele entwickeln aufgrund dieser Art zu reiten auch Widersetzlichkeiten, wofür oft genug das Pferd bestraft wird, obwohl der Fehler beim Reiter lag. Parelli fordert daher zu Recht, dass wir so gut reiten lernen sollen, dass selbst das Pferd denkt, dass wir gut sind. Ein hehres Ziel: Um so gut reiten zu lernen, braucht es Zeit, also habt vor allem Geduld mit Euch selbst.

So und hier noch die Anekdote von Janiks und Larissas Fahrschule. Stellt Euch vor, obwohl Autos nicht leben und im Gegensatz zum Pferd immer gleich reagieren, kommt es auch in der Fahrschule auf die Reihenfolge an. Franko (so heißt der Fahrlehrer) sagte zu meinem Sohn, dass es bei der Anzahl der benötigten Fahrstunden auch sehr aufs Verhalten des Schülers ankäme: "Wir haben hier nämlich ein bestimmtes Konzept, dem wir folgen.Wenn dann der Schüler aber ständig JA, ABER sagt, dann wird es knifflig." Ihr werdet es nicht glauben, aber ich habe wirklich überlegt ein Brett zu machen und den Spruch bei mir in der Sattelkammer aufzuhängen. Denn im Horsemanship gibt es auch eine bestimmte Reihenfolge, die oft genug dadurch durchbrochen wird, dass ich den Kundenwünschen gerecht werden möchte, bin ja einerseits Dienstleister, aber möchte auch rein menschlich nicht die Wünsche meiner Schüler ignorieren und gebe daher mein Bestes hier einen goldenen Mittelweg zu finden. Als Moni mir sagte, dass sie nach zwei Bodenarbeitsstunden jetzt gerne mal in den Sattel möchte, habe ich also sofort JA gesagt: Der Kunde ist König. Das führte zu dem berühmt-berüchtigten ZU-VIEL-ZU-SCHNELL-WOLLEN, was einem auch so gerne bei der Pferdeausbildung passiert. Der Mensch als das ultimative Raubtier ist in Sachen Geduld nämlich keine große Leuchte. Was ich bei Moni so toll fand war, dass sie, als es beim Reiten knifflig wurde, sofort einverstanden war, als ich zurückkehren wollte zur Bodenarbeit. Das ist nicht selbstverständlich, denn nicht jeder ist bereit, einem bestimmten Konzept auch dann zu folgen, wenn man noch nicht in allen Punkten weiß, warum das so und nicht anders gehandhabt wird und als ich dann Larissa fragte, wie das in der Fahrstunde so abläuft, fand ich es sehr tröstlich, dass sie kein einziges Wörtchen dabei mitzureden hatte, welchen Lernschritt sie wann macht. Die ersten beiden Stunden durfte sie nur lenken und dann allmählich durfte sie auch einmal auf geraden Strecken außerhalb der Stadt das Gaspedal bedienen. Hier ist nicht der zahlende Kunde Boss, sondern der Fahrlehrer, der einfach weiß, was er tut.
Moni und Queenie sind seit heute wieder ein Herz & eine Seele
Beim Reitunterricht ist das ein wenig anders, weil es manchen Leuten ja ums reine Freizeitvergnügen geht und sie nicht den Lernerfolg, sondern den eigenen Spaß an oberste Stelle setzen. Dabei ist das hier noch viel fataler als in der Fahrstunde: Das Lebewesen Pferd will nicht bedient werden wie ein Auto: Es will verstanden und erfühlt werden. Monika hat mir nach unserer Chaosstunde mit Queenie die Karte mitgebracht, die ihr ganz oben seht und in der Karte war ein Trinkgeld, das sich gewaschen hatte, denn ich hatte ja wegen ihr Überstunden gemacht. Aber am Meisten freuen mich ihre Worte, dass sie Horsemanship als Reise betrachtet, die so sehr fasziniert, dass der Weg das Ziel ist.
Von solchen Kunden wie Moni kann ich mehr gebrauchen und die ziehe ich mir jetzt auch mit dem Gesetz der Anziehung an (das war ja auch Thema im letzten Blogbeitrag), indem ich mich maßlos über Moni freue bzw. dankbar für all die Kunden bin, die so oder ähnlich sind wie sie. Ganz besonders deswegen, weil sie mir heute erzählt hat, dass man in Lindlar munkelt, dass ich einen guten Ruf habe - freu :-D.

"Someone once told me that the moment you stop growing is the moment you start dying and I think there is a lot of truth in that. That’s why no matter what my age, I will always try to be better at anything that will help me get more joy from my life!" (Linda Parelli)

Damit ist der letzte der 12-Oaks-Themenmonate beendet. Im nächsten Jahr wird es zwar weiterhin Blogbeiträge geben, aber nicht mehr ganz so geballt, denn im Superwahljahr brauche ich Zeit für mein drittes Projekt - meinen politischen Blog, den ihr unter folgendem Link findet:


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen