Mittwoch, 31. August 2016

10 Tipps dazu, wie man Angst in Mut verwandelt

Als ich als Teenager reiten gelernt habe oder vor etwa 15 Jahren wieder eingestiegen bin (damals noch Feld-Wald-und-Wiesen-Englisch-Reiten), war das ganz normal, dass sich mir ein, zwei Stunden vor Beginn der Reitstunde der Magen vor Nervosität umdrehte, obwohl ich mich zeitgleich auch aufs Reiten gefreut habe. Mit dem Umstieg aufs Westernreiten und den dort eher gelassenen Pferden, wurde die Angst immer weniger und bei den eigenen Pferd verflog sie ganz, bis mich mein Jungpferd Queenie zwischenzeitlich noch mal das Fürchten lehrte.
Im Themenmonat Youtube habe ich eine Serie zum Thema Angst begonnen, die ich heute beende, weil: Das Thema ist durch - zumindest für mich und Queenie. Ich habe einerseits die Tipps, die ich im oben verlinkten Beitrag gebe, auch selbst befolgt (z.B. Politik der kleinen Schritte & einen Helfer dabei haben), aber ich denke, dass der eigentliche Durchbruch in der Tat die Beziehung zum Pferd ist. Ich werde so oft gefragt, warum man das im Natural Horsemanship so oder so macht oder soll erklären, was NHS eigentlich ist, was weder in wenigen Worten noch wenigen Sätzen möglich ist, weil NHS weder ein reines Problempferdetraining ist noch eine Methode. Es ist vielmehr auf der einen Seite das gesamte Wissen rund ums Pferd, das es gibt bzw. die Auswahl an fundiertem Wissen, die fürs Pferd natürlich ist und mit und nicht gegen seine Natur arbeitet und auf der anderen Seite ein System, dem man folgen kann, um sich Schritt für Schritt dieses Wissen anzueignen. Somit fühlt sich jede Frage, die ein Anfänger stellt, um das große Ganze zu verstehen so an, als würde man einen Physik-Professor fragen: "Was genau ist denn Physik und warum sollte ich ausgerechnet das lernen?" Man kann es nicht erklären, aber die Ergebnisse sind einfach so unbeschreiblich, dass es sich so anfühlt, als sei es von Zauberhand geschehen - wie eben auch bei meinem Pferd Queenie, mit der wir zwar von klein auf altersgerechtes NHS gemacht haben, die aber in der Zeit des Anreitens (zwangsläufig auch die Zeit ihrer Pubertät) alle paar Monate gezeigt hat, dass sie auch Buckeln und Steigen kann. Es war nicht die Häufigkeit, die beängstigend war, sondern die Intensität: Gebuckelt wie ein Rodeopferd und gestiegen wie ein Zirkuspferd ist sie: Kerzengerade in die Luft und einmal ist sie mit einer Reitschülerin auch nach hintenüber gekippt, was neben meinem Autounfall eben auch diese Panikattacke mit Queenie ausgelöst hatte. Queenie hat Cutting-Vorfahren und damit ein Selbstbewusstsein, was durch keine Tür passt (sie hat auch Larissa 2 x getreten), aber wenn man ohne ein anderes Pferd mit ihr im Wald ausritt, dann hatte sie immer dann ein kleines Hasenherz, wenn nur ein Mensch dabei war, so dass wir in kleinen Schritten mit ihr geübt haben, dass sich der zweite Mensch auch einmal beim Ausritt entfernt, was ich im allerersten Themenmonat dieses Blogs erzähle - auch im Turnierblog gibt es mittlerweile ein paar Blogeinträge zu Queenie, denn auf ihrem ersten Trailkurs hat sie erstmal zwei Paddocks zerlegt. Links: HIER (Von Trailkursen & Frühschoppen) & HIER (Jungpferd Queenie wird Showpferd).
Hier also meine ganz persönliche Tipps zum Thema "Angst vorm Reiten" durchsetzt von einer kleinen Sammlung der Playlists mit Queenies kleinen Abenteuern:



Die Playlist oberhalb mit der Angst vorm Reiten beende ich mit einem Video von Nadine, die ja - wie oben erwähnt - mit Queenie vor anderthalb Jahren nach hintenüber gekippt ist, was einer der Auslöser meiner Panikattacke war, obwohl Queenie so etwas bei mir noch nie gemacht hat: Mein Sohn sagte, dass er den Eindruck habe, dass Queenie auf mich aufpasst: Vielleicht sucht sie sich für ihre wilden Aktionen tatsächlich nur Leute, die ihr gewachsen sind: Teenager wie sie selbst eben. Aber auch Queenie weiß, wie es sich anfühlt, Angst zu haben, immer dann, wenn man ohne ein anderes Pferd ausreitet. Unterhalb der Playlist: Queenie alleine im Wald, geht es dann endlich zu den Tipps: Angst vorm Reiten:



1. Folgt dem Natural Horsemanship-Programm, auch wenn man zwischendurch gar nicht erklären kann, warum es funktioniert und wie es funktioniert, so kann man zumindest hundertprozentig sicher sein, dass es funktioniert, solange man als Mensch bereit ist, intensiv zu lernen. Und mal Hand aufs Herz: Man hat weder einen Schulabschluß, noch einen Gesellenbrief noch einen Doktortitel, nachdem man einen Wochenendkurs besucht hat. Wer mit Pferden umgeht, sollte sich die Mühe machen, sein Leben lang ein Lernender zu bleiben, um so gut reiten zu lernen, dass selbst das Pferd denkt, dass man gut ist (unterhalb der Playlist "Natural Horsemanship for beginners" geht es zum nächsten Tipp)



2. Setzt die Beziehung zum Pferd an die erste Stelle, denn dann wird das Pferd Euch als Euren Freund ansehen und sich mehr wie ein Partner, denn als Fluchttier verhalten: Die Beziehungsarbeit beginnt natürlich am Boden und nicht im Sattel. Wenn ich Kunden das sage, erzählen sie mir oft, dass ihr Pferd ihnen folgt wie ein Hund. Manche haben das durch Join Up in einem eng und hoch eingezäunten Bereich (z.B. Roundpen) erreicht, was schon aus dem Grund nicht mein Ansatz wäre, weil hier das Pferd "repariert" werden soll, anstatt an den Fähigkeiten des Menschen anzusetzen. Diese Art der Roundpenarbeit erinnert mich auch immer ein bißchen an ein Amphittheater für Gladiatorenkämpfe: No way out. Deswegen erst am Seil, erst im Stehen, dann im Schritt, wenn da alles klappt im Trab und erst, wenn am Seil alles klappt im Roundpen in der Freiheitsdressur mit dem Pferd "arbeiten".  Wenn man sich an Parelli hält, hat der Roundpen einen niedrigen Zaun - macht man ihm zufolge nämlich zu viel Druck, springt das Pferd heraus: Geht man so vor, wird es das Pferd danken; u.a. deswegen, weil der Mensch schon am Boden gutes Reiten lernt, wo weder an den Zügeln gezogen noch mit den Beinen getreten wird, sondern die Hilfengebung als Kommunikation zwischen Pferd und Mensch erfolgt. (unterhalb der Playlist "Parellis sieben Spiele durch die Levels" geht es zum nächsten Tipp)



3. Es braucht die Zeit, die es braucht: Finger weg von allen Hauruck-Methoden. Im Endeffekt geht es viel schneller, wenn ihr in kleinen Schritten vorgeht. Erstens lernt ihr so auf Euer Bauchgefühl zu hören, denn ihr solltet auf keinen Fall einen Schritt gehen, der Panik auslöst (besser nur so viel machen, dass man es sich so gerade noch zutraut: z.B. 3 Schritte geführt werden, erstmal ein anderes Pferd reiten usw.) und zweitens kann das Pferd so leichter lernen und fühlt sich nicht überfordert und dadurch wird schon mal kein Widerstand wie Bocken und Steigen ausgelöst (es wird ja auch nicht ewig dauern, weil ihr jeden Tag ein kleines bißchen mehr verlangt). Da Queenie ja eigentlich eine coole Socke ist und sehr schnell lernt, ist uns oft der Fehler unterlaufen, dass wir zu viel zu schnell gewollt haben: Queenie hat uns aber gelehrt, keine einzige Übung auszulassen. Bei der Pferdeausbildung ist die Reihenfolge der Übungen das A & O. (unterhalb der Playlist "Unser Jungpferd Queenie wird eingeritten) geht es zum nächsten Tipp)



4. Equipment checken: Selbst wenn Euer Pferd - wie unsere Queenie - eher zu den gelassenen oder gar frechen Vertretern ihrer Art gehört. Widerstand hat sehr oft körperliche Folgen. Passt der Sattel noch (ändert sich bei Jungpferden ständig: Deswegen haben wir einen mit Lederbaum, den man umbauen kann - das Umbauen muss man ebenfalls lernen)? Gibt es gesundheitliche Probleme (Tierarzt, Tierheilpraktikerin, Osteopathin zu Rate ziehen)? Übrigens: Bei mir könnt ihr zumindest sicher sein, dass meine Tipps nicht von oben herab kommen, denn ich mache ja auch eine Menge Fehler, aber stehe da nicht nur zu, sondern lerne auch daraus: Auch wenn es einige Buckler gegeben hat, weil Queenie eine Übung zu anstrengend fand: Zweimal hatte sich auch die Sattelpassform verändert und wir haben die ersten Anzeichen (nicht antreten oder lostraben wollen) nicht ernst genug genommen, weil wir unsere Queenie zu schnell in die Schublade "Rotznase" gesteckt haben. Hier ein Video, wie Queenie eine gelbe Plane "angreift".



5. Glaubt nicht, was man Euch im TV vorgegaukelt. Wenn es mit dem Schwimmen nicht klappt, ist auch nicht die Badehose Schuld und wenn es mit dem Reiten nicht klappt, dann liegt es in der Regel eben auch nicht am Pferd: Im Themenmonat "VOX-Pferdeprofis" setze ich mich kritisch mit dem Thema "Pferdeausbildung als Quotenbringer" auseinander.
Also fragt euch ehrlich: Bevor ihr ein Pferd kauft, habt ihr genug finanzielle Reserven für Unterricht, Sattelüberprüfung, regelmäßigen Gesundheitscheck? Wenigstens beim Unterricht kann man ja nach der Devise vorgehen: "Ich lerne so viel, wie ich kann, bevor ich mir ein eigenes Pferd kaufe."

6. Arbeitet an Euer körperlichen & emotionalen Fitness (Sport, Yoga, Reit- und Bodenarbeitssimulationen ohne Pferd, z.B. das Erlernen der Notfallzügelhilfen etc.). Wie in Punkt 5 erwähnt, ist das, was man im TV sieht in der Regel eher darauf aus, dass es spektakulär ist und wenn ein selbst ernannter Profi einen Menschen aufs Pferd zwingt, der vor lauter Angst weint: Wie soll sich das bitte für das Fluchttier Pferd anfühlen? Es gibt so viele Wege, die emotionale Fitness zu verbessern, die das Pferd nicht belasten: Autogenes Training, Atemtechnik, mentales Training, Psychotherapie usw. usw. : Euer Pferd kann nicht Euer Therapeut sein: Es ist ein Fluchttier.

7. Steigt ab, wenn es brenzlig wird. Wie Pat Parelli schon sagte: "Respekt bekommt man am Boden oder gar nicht". Nachdem meine Tochter Larissa viel Bodenarbeit mit Queenie gemacht hat, hat sich die Beziehung der beiden so sehr geändert, dass Queenie auf der Weide auf Larissa zugaloppiert ist. Es sollte aber eine Art von Bodenarbeit sein, die von außen wie ein Spiel aussieht und in der Tat im Spiel einerseits die Rangordnung klärt, aber andererseits auch die Freundschaft vertieft, weil das Pferd nicht als Sklave unterworfen wird, sondern zum verlässlichen Partner wird, der einerseits Mitspracherechte hat, aber wenn es darauf ankommt auf seinen Reiter (oder besser: seinen Menschen) hört.

8. Damit ihr die Punkte 6 & 7 befolgen könnt: Lernt die Notfallhilfen so intensiv, dass sie Euch in Fleisch und Blut übergehen: Die beste Gefahrenabwehr beim Reiten ist, dass man sein Pferd einerseits jederzeit anhalten und dann auch schnell aus dem Sattel springen kann. Lasst Euch dabei von Dritten prüfen. Denn man denkt wirklich schnell, man würde alles können, aber sieht eben die eigenen Fehler nicht. Eine Prüfung durch Dritte kann eine Parelli-Audition sein (PLAYLIST unterhalb), aber natürlich auch ein Bodenarbeitsabzeichen der FN oder ein Reitabzeichen oder auch eine Turnierteilnahme. Außerdem lernt ihr kontinuierlicher, wenn ihr ein Ziel vor Augen habt.



9. Seid ehrlich zu Euch selbst: Ist Reiten wirklich das richtige Hobby für mich? Denn einen Sport mit einem Lebewesen zu betreiben, bedeutet Verantwortung. Wem es wirklich nur um das Naturerlebnis im Gelände geht, der könnte auch Fahrrad fahren - es gibt ja sogar welche mit Motor und sportliche Erfolge mit Pferd sind wirklich nur dann toll, wenn das Pferd genauso motiviert ist wie der Reiter und Spaß am Lernen bzw. an der ausgewählten Disziplin hat. Entweder findet ihr eine Disziplin, die auch Eurem Pferd liegt oder ihr findet einen Sport, wo ihr ohne ein anderes Lebewesen erfolgreich sein sollt.

10. Hört Eurem Pferd zu: Denn auch das hat Queenie uns gelehrt: Man muss den Pferden zuhören und sie hat uns schon vor einem Jahr gesagt, dass sie keine große Lust auf Reining hat und jetzt hat sich gezeigt, dass sie im Trail ziemlich begabt ist. Bei ihrer Mutter Fancy war es übrigens genau anders herum: Die zeigt sich sehr begeistert von den Disziplinen Reining und Westernriding und weil wir ihr nicht gut genug zugehört haben, dachten wir immer, dass Trail eine Disziplin sei, die Fancy beruhigt, weil da ja immer Pausen sind. Pustekuchen ... wir hatten offensichtlich Tomaten auf Augen und Ohren: Als Fancy endlich die Disziplin laufen durfte, die zu ihr passt, war sie wie ausgewechselt, so als hätte sie sagen wollen: Ich bin ein Reining-Pferd:




Nachtrag aus dem Themenmonat: Zwischen Schulmedizin & Naturheilkunde - auch unsere Ernährung beeinflußt, ob wir an Ängsten leiden oder nicht:

Angst verlieren durch bewusste Ernährung

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